.

.

-

-
-

-

-
-

-

-
-

Ovacik

Ovacik

17 Nisan 2009 Cuma

Künstler als »innerer Feind« der Türkei

Junge Welt, Berlin.

Liedermacher Ferhat Tunc wird »Herabsetzung des Türkentums« und Unterstützung kurdischer Organisationen vorgeworfen


Von Anja Hotopp

Einer der bekanntesten Liedermacher der Türkei – Ferhat Tunç – ist am vergangenen Freitag inden frühen Morgenstunden verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe bei einem Konzert in Dersim (Tunceli) vor zwei Jahren durch das Singen eines Liedes Propaganda für die verbotene Organisation TKP/ML-TIKKO gemacht. Die TIKKO ist die Arbeiter und Bauern-Befreiungsarmee der Türkei, eine kleine linksradikale Guerilla, die im Gegensatz zur PKK nicht explizit auf türkische oder kurdische Nationalität abhebt. Das angebliche Propagandalied heißt »On yedi cana« (Für siebzehn Leben), und handelt von der emotionalen Verbindung zwischen den Menschen in Dersim mit den Bergen, die mystische Verbundenheit mit Natur, Geschichte und Freiheitsliebe. »Das wird mir nun als Unterstützung der TIKKO ausgelegt.« In fünf weiteren Verfahren wird Tunç beschuldigt, die PKK zu unterstützen.


Der Liedermacher, der inzwischen wieder auf freiem Fuß ist und auf seinen Prozeß wartet, äußerte gegenüber jW die Vermutung, daß kurdische Kritiker mundtot gemacht werden sollen. Während gegen die kurdische Guerilla PKK unter Mißachtung der Souveränität des Nachbarlandes in den Bergen Nordiraks gekämpft wird, soll augenscheinlich auch die legale

kurdische Demokratiebewegung in der Türkei selbst weiter unter Druck gesetzt werden. Seit der Machtübernahme durch die aktuelle Regierungspartei AKP hat sich die innenpolitische Situation keineswegs enspannt. Im Gegenteil, die Zahlen des türkischen Menschenrechtsvereins IHD belegen, daß im vergangenen Jahr soviel Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu beklagen waren, wie seit acht Jahren nicht mehr. »Auf diese Art und Weise wird Macht demonstriert – gerade in Zeiten, wo türkische Soldaten gegen kurdische Rebellen vorgehen müssen«, beschreibt der Liedermacher die Stimmung in der Türkei.


Weitere Verfahren, die derzeit gegen Ferhat Tunç laufen, gehen auf Artikel, in denen er die Freilassung der kurdischen Politikerin Leyla Zana forderte, und auf Äußerungen, daß Wahlbetrug in Istanbul nicht ausgeschlossen werden könne, zurück. Generell berufen sich alle Anklageschriften auf den Paragraphen 301 des türkischen Strafgesetzbuches zu. Dieser Gummiband-Paragraph erklärt die »Verunglimpfung« bzw. die »Herabsetzung des Türkentums« zu Straftaten. Verstöße werden mit einer Haftstrafe bis zu drei Jahren geahndet

Hiç yorum yok:

Yorum Gönder